Collage aus einem Hafenpanorama von, dem NATO- und CTF-Baltic-Logo Rostock und einem Stapel Patronen

NATO in Rostock

Norman Paech - Hamburg 16.11.2024

Das NATO-Marinekommandozentrum CTF Baltic (Commander Taskforce Baltic) ist eingeweiht – und sorgt für heftige Proteste. Das war vorherzusehen, denn es handelt sich nicht um ein einfaches Büro mit ein paar Schreibtischen und Telefonen. Was bisher das Marine-Hauptquartier der Bundeswehr war, ist nun das „maritime NATO-Hauptquartier“ geworden, wie es ursprünglich in der später gelöschten Presseerklärung der NATO hieß.

Es ist der Kommandovorposten der NATO zur Überwachung des gesamten Ostseeraumes und nicht nur eine schlichte Erweiterung des deutschen Standorts – für Moskau eine Provokation. Wie es die Ostseezeitung (OZ) treffend zusammenfast: „Aus Angst vor Russland: NATO eröffnet neues Hauptquartier in Rostock.“ Ort, Zeitpunkt und Festreden sind eindeutig gegen Russland gerichtet und schieben die NATO-Strukturen wieder ein Stück weiter gen Osten vor. Der Bundesverteidigungsminister hat es sehr deutlich gesagt, dass es um die Verantwortung Deutschlands als „globale Handlungs und Seenation“ an der Ostfront der NATO gehe.

Moskau beruft sich auf Artikel 5, Absatz 3 des 2+4-Vertrages von 1990, der Deutschland verpflichtet, „in diesem Teil Deutschlands keine ausländischen Streitkräfte zu stationieren noch dorthin zu verlegen“. Es rügt seine Verletzung und warnt: „Die Regierungen in Washington, Brüssel und Berlin müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Ausdehnung der militärischen Infrastruktur der NATO auf das ehemalige Territorium der DDR die negativsten Konsequenzen haben wird und nicht ohne angemessene Reaktion der russischen Seite bleiben wird.“ Es macht zugleich darauf aufmerksam, dass die Entscheidung über das neue Hauptquartier nicht eine nationale Einzelentscheidung Berlins sondern der gesamten NATO war, genauso wie die wechselnde Besetzung mit Militärs aus den anderen NATO-Staaten.

Die Juristen in Berlin sehen das natürlich anders und sehen in der „vermeintlichen“ Verletzung des 2+4-Vertrages ein „wiederholt auftretendes pro-russisches Argumentationsmuster“. Sie verweisen darauf, dass seit April 2024 eine deutsche Brigade dauerhaft als Teil der NATO-enhanced forward presence in Litauen stationiert ist. Das habe seinerzeit keine völkerrechtlichen Probleme aufgeworfen. Sie folgern daraus, dass eventuell das Stationierungsverbot des Artikel 5, Absatz 3 gegenstandslos geworden sein könnte. Man könnte sogar überlegen, ob nicht durch Putins Krieg gegen die Ukraine die Geschäftsgrundlage für das Stationierungsverbot jetzt fortgefallen sei.

Für ein Verschwinden des Stationierungsverbotes oder einen Fortfall seiner Geschäftsgrundlage spricht allerdings gar nichts, selbst wenn es einmal verletzt sein sollte. Wer sich auch nur oberflächlich über die zukünftigen Aufgaben des CTFB informiert, sieht die Dinge wohl anders. So schreibt die OZ: „Vom Marinekommando im Rostocker Hansaviertel aus sollen künftig alle Nato-Manöver und -Einsätze auf der Ostsee gesteuert werden – Kriegsschiffe, Hubschrauber, Kampfflugzeuge. Dafür werden Soldaten aus allen Anrainer-Staaten an die Warnow versetzt… Von Ersatzteilen bis zu Panzern und Raketen. Das Bündnis müsse im Krisenfall schnell und in großen Mengen Truppen nach Skandinavien oder ins Baltikum verlegen können.“ Das sind die Streitkräfte, die der Vertrag auf dem Gebiet der alten DDR verhindern sollte, die nun aber vertragswidrig in Rostock stationiert werden.

Es stimmt zwar, dass dem damaligen Ministerpräsidenten Gorbatschow wohl politisch, aber niemals vertraglich versprochen wurde, die NATO nicht weiter gen Osten vorzutreiben, so dass es keine rechtlich einklagbare Grundlage gibt. Hier aber liegt eine rechtliche Verpflichtung im 2+4-Vertrag vor, die durch dieses CFTB als NATO-Einrichtung missachtet wird.