Zu den Reichstagswahlen 1928 waren Arbeiterfrauen sichtbarer Teil des Klassenkampfes.
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Das Projekt Arbeiterklasse

Die Arbeiterbewegung musste »Klasse« als Identität stets selbst herstellen. Das beinhaltete den Kampf gegen Patriarchat, Rassismus und Antisemitismus

Klassen- und Identitätspolitik werden oft als Gegensatz gesehen – wobei die Klassenpolitik den Ruf des Volksnahen hat, Identitätspolitik dagegen als urban und elitär gilt. Die Rechte befeuert diese Gegenüberstellung: Neoliberale und Faschisten wetteifern darum, die »kleinen Leute« zu vertreten. Doch was wäre, wenn Klassen- und Identitätspolitik am Ende dasselbe sind? Denn Klasse kam nie von selbst. Zwar strukturiert Klasse jede kapitalistische Gesellschaft, doch als politische Identität und zu mobilisierendes »Wir« muss sie immer neu organisiert werden. Bereits im 19. Jahrhundert formulierte die sozialistische Bewegung daher Forderungen gegen Rassismus und kämpfte für andere Geschlechterverhältnisse. Dieses »Projekt Arbeiterklasse« profitierte von jüdischen, weiblichen, internationalen Perspektiven und war als Identität nicht homogen, sondern vielfältig.

Sozialismus und Frauenbewegung

In seinen Anfängen war der deutschsprachige Sozialismus durchaus eine Männerbewegung. Das Eisenacher Programm der von August Bebel und Wilhelm Liebknecht gegründeten »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« forderte 1869 das Wahlrecht für »alle Männer vom 20. Lebensjahr an« und wollte Frauenarbeit einschränken – proletarischer Antifeminismus in Reinform. Ganz anders liest sich, zwanzig Jahre später, das Erfurter Programm von 1891 … mehr