Mißachtung endlich beenden!
Ab Anfang März 1943 wurden Hunderte Sinti und Roma, die in Brandenburg lebten, in das sogenannte „Zigeunerlager“ nach Auschwitz-Birkenau verschleppt. Unter ihnen war auch die Familie Friedrich aus Bernau. In der Nacht des 2. August 1944 ermordete die SS die letzten Sinti und Roma, die im Lager verblieben waren, vor allem Kranke, Frauen und unzählige Kinder. In Erinnerung daran erklärt der Fraktionsvorsitzende Sebastian Walter:
Nicht nur reden – Endlich handeln!
»Dieser Tage werden wir wieder hören, dass es die Ermordung von Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer angeblich minderwertigen „Rasse“ nie wieder geben darf. In Zeiten, wo Fremdenhass und Ablehnung des Anderen in einem nie gekannten Ausmaß, leider auch in Brandenburg, wieder zum Alltag gehören, ist dieses Bekenntnis wichtig. Es reicht aber nicht aus. Vergangenheit so zu bewältigen, ist keine Bewältigung. Wir müssen uns den Dämonen heute stellen. Die Landespolitik muss wirksame Maßnahmen gegen Antiziganismus, Rassismus gegen Sinteze und Sinti sowie Romnja und Roma entwickeln und vor allem umsetzen, so wie es seit 2022 in der Landesverfassung steht und wie der Landtag am gleichen Tag auf unseren Antrag hin gefordert hat.
Was gehört dazu? Schülerinnen und Schülern, aber auch Erwachsenen muss ein authentisches und differenziertes Bild von den vielschichtigen Lebenswirklichkeiten der Sinteze und Sinti sowie Romnja und Roma vermittelt werden. Gedenkstätten, die in besonderer Weise mit dem Leiden und der Ausbeutung von Sinti und Roma für die deutsche Rüstungsindustrie verbunden sind, wie die in Schlieben-Berga, müssen zu generationsübergreifenden Bildungsorten entwickelt werden. Die Kultur der Sinti und Roma muss selbstverständlicher Bestandteil einer Brandenburger Kulturstrategie werden. Die Partizipationsstrukturen der Minderheit sind mit Unterstützung des Landes zu stärken.«
Hintergrund:
Ausgehend vom Abschlussbericht der „Unabhängigen Kommission Antiziganismus“ des Bundestages hat die Linksfraktion eine Große Anfrage an die Landesregierung gerichtet, die im Sommer 2022 diskutiert und zu einem fraktionsübergreifenden Beschluss des Landtages „Brandenburg steht in der Pflicht – Antiziganismus konsequent entgegentreten“ führte.
Als einzige Fraktion hat DIE LINKE seitdem immer wieder verschiedene Aspekte dieses Beschlusses thematisiert, zuletzt, im Juni 2024, mit drei Mündlichen Anfragen. Die Antworten der Kulturministerin Dr. Schüle waren ernüchternd:
- Auf die Frage von Andrea Johlige, warum im Bericht zur Umsetzung des „Konzepts Tolerantes Brandenburg“ nichts zum Kampf gegen Antiziganismus gesagt wird, kam die Antwort:
Es kann „geboten sein, Maßnahmen zu ergreifen, die in besonderer Weise antiziganistischem Unrecht entgegenwirken oder antiziganistisches Unrecht aufzuarbeiten helfen.“
Mit anderen Worten: Solche Maßnahmen wurden bisher noch nicht erarbeitet, geschweige denn eingeleitet. - Isabelle Vandre bekam auf ihre Frage, warum die Kulturpolitische Strategie der Landesregierung zwar Sorben/Wenden und Niederdeutsch wenigstens nennt, Sinti und Roma hingegen aber nicht, zur Antwort:
„… die Bewahrung der historisch-kulturellen Wurzeln der Sorben/Wenden (wird) beispielhaft genannt, versteht sich allerdings nicht als abschließende Aufzählung autochthoner Minderheiten Brandenburgs.“
Neben den Sorben/Wenden gibt es in Brandenburg nur noch eine nach der Charta der Regional- oder Minderheitensprachen anerkannte autochthone Minderheit, die deutschen Sinti und Roma. Dass man sie nicht einmal erwähnt, spricht für sich. - Auch die Antwort auf die Frage von Kathrin Dannenberg nach dem Umsetzungsstand eines Beschlusses der Kulturministerkonferenz (KMK) vom Dezember 2022 ist kaum besser. Statt zu sagen, was denn konkret getan wurde, um in den Schulen mehr Wissen über Sinti und Roma und insbesondere über den Völkermord in der NS-Zeit zu vermitteln, wird ellenlang referiert, was in den Rahmenplänen steht. Selbst bei der Erfüllung der Forderung nach speziellen Weiterbildungen für Lehrkräfte zu Sinti und Roma „eiert“ die Ministerin rum.
„Wertschätzung von ethnischer, sprachlicher, religiöser und kultureller Vielfalt … und die Sensibilisierung gegenüber Diskriminierung“ sei „Bestandteil von Fortbildungen zu den Themen Bildung zur Akzeptanz von Vielfalt und zu Demokratiebildung“.
Also auch hier Fehlanzeige bezüglich konkreter Maßnahmen nach dem KMK-Beschluss.

